Ausgeliefert


„… wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das ist Gnade bei Gott“ – 1 Petrus 2,20

Zweifellos handelt es sich um eine geradezu übermenschliche Zumutung – an die damaligen Christen unter den Sklaven gerichtet -, aber auf der Linie der Bergpredigt Jesu liegend. Wenn solches Leiden auch noch Ausweis des Gnadenstandes bei Gott sein soll, dann kann es sich dabei nicht um ein passives, widerwilliges oder in stumpfer Ergebenheit hingenommenes Leiden handeln. Vielmehr geht die Erwartung dahin, dass Menschen in der Nachfolge ihres Herrn („dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen“ 2,21) dazu fähig werden, sich willentlich und damit aktiv dem Erleiden von Unrecht zu unterziehen (‚hypomenein’ = darunter bleiben). Dass sie ihr Recht damit keinesfalls einfach preisgegeben, sondern es bei Gott bestens aufgehoben wissen können, ist dabei ebenso klar.

(Predigt) „… In unserem biblischen Abschnitt sind ja Sklaven angeredet, Menschen, die ihren Herrn nun tatsächlich in jeder Hinsicht ausgeliefert waren. Solche Verhältnisse gibt es bei uns Gott sei Dank nicht mehr. Aber es gibt auch noch heute und auch bei uns Lebensverhältnisse mit Überordnung und Unterordnung, mit Abhängigkeit, die bis zu einem gewissen Grad vergleichbar sind – in der Arbeitswelt auf jeden Fall, wie wir am Beispiel des Lehrlingsberichts gesehen haben. Auch sonst können Menschen zusammengespannt sein, es können Machtverhältnisse entstehen, sodass der eine dem anderen ausgeliefert ist; auch in einer Ehe kann das so sein, vielleicht auch unter Hausbewohnern, Nachbarn. Und da kann dann schikaniert, drangsaliert und tyrannisiert werden. Da kann es sehr wohl sein, dass Menschen sich ständig Unrecht gefallen lassen müssen.

Das Thema heute ist: Wie sollen, wie können die Betroffenen damit umgehen? Wie sollen, wie können sie damit umgehen, wenn sie Christen sind? Was ist der biblische Rat dazu?

Der Rat des Apostels lautet: ‚Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter, den ‚Despoten’ heißt es wörtlich im griechischen Text, nicht nur den gütigen und freundlichen, sondern auch den wunderlichen, den launischen, denen, die übel mit euch umspringen. Denn das ist Gnade, wenn jemand vor Gott um des Gewissens willen das Übel erträgt und leidet das Unrecht.’

Liebe Gemeinde, das ist mehr als ein Rat, es ist eine Anweisung. So gehört es sich, so allein passt es zu einem Menschen, der Christ geworden ist. In unsere Zeit will das freilich gar nicht passen. In der vergangenen Woche war ich auf einer Fortbildung. Wir sprachen auch über Probleme in unseren Gemeinden. Ein Kollege berichtete von einer Mitarbeiterin, mit der es Probleme gibt, und zwar wohl deshalb, weil sie sehr unter ihrem Mann zu leiden hat, und das wirkt sich dann auch auf ihre Arbeit aus. Wir hatten eine Beraterin dabei, die dann sagte, man könne nur hoffen, dass diese Frau sich endlich aufrafft und sich von diesem Mann trennt, sich von ihm befreit. So denken und lehren heute viele. Ich habe mich gefragt, ob das vereinbar ist mit dem Rat des Apostels hier an unserer Stelle im 1. Petrusbrief. Denn dieser Rat, diese Anweisung läuft doch darauf hinaus, dass wir aushalten sollen; dass wir lernen sollen, mit dem Unrecht, das uns angetan wird in Gottes Namen zu leben; dass wir deswegen nicht aufhören sollen, Gutes zu tun, auch Gutes für die Menschen, unter denen wir leiden, so wie es unser Gewissen vor Gott befiehlt. Und wenn wir dann immer wieder zu leiden bekommen und das geduldig ertragen, sei das Gnade, so heißt es, darin zeige sich also die besondere Begabung, mit der wir als Christen von Gott beschenkt sind. …“

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