Das Amt des Priesters


So bedeutsam das Priesteramt in der alttestamentlichen Gemeinde war, so vergeblich sucht man im Neuen Testament eine Entsprechung. Zwar ist von der „königlichen Priesterschaft“ die Rede („basileion hierateuma“ 1 Petr 2,9), in reformatorischer Diktion: vom „allgemeinen Priestertum aller Gläubigen“, aber eben nicht von einem herausgehobenen Priesteramt und von speziell in diesem Amt tätigen Priestern, die mit höheren Weihen ausgestattet sind. Wenn es sie gegeben hätte oder geben müsste, dürften sie in den entsprechenden Aufzählungen wie z.B. 1 Kor 12,28, Eph 4,11 oder in den Ausführungen der Pastoralbriefe sicherlich nicht fehlen.

Daraus ist zu schließen, dass sich das Priesteramt, wie es aus dem AT bekannt ist, mit der Sendung Jesu erledigt hat. Dies ist auch einsichtig, denn das Priesteramt steht und fällt mit dem Opferdienst, der von jeher und in erster Linie Sache eines Priesters ist. Nachdem der alttestamentliche Opferdienst hinfällig geworden ist, abgelöst durch das einmalige und allgenugsame Selbstopfer des Hohenpriesters Jesus, des Mittlers des neuen Bundes (Hebr 9), braucht es in alle Ewigkeit keine Priester mehr.

An dieser Stelle liegt also die evangelische Kirche im Unterschied zur katholischen (sowie zur orthodoxen und wohl auch anglikanischen) richtig. Zur Liturgie der katholischen Eucharistiefeier gehört immer noch die jeweils neue Darbringung (!) des Mess-Opfers mit der entsprechenden Formulierung und ganz zentral natürlich die Wandlung, zu der nach katholischer Lehre eben nur der Priester befähigt ist. So sehr ich es an der katholischen Kirche schätze, dass sie in jedem Gottesdienst die sakramentale Begegnung mit dem hohenpriesterlichen Opfer Jesu ermöglicht, so sehr befremdet mich die Verquickung dieses Allerheiligsten mit dem aktuellen Opferdienst des katholischen Priesters. Ein gewichtiger Grund für mich, doch nicht katholisch zu werden.

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