Vergebung der Sünden als fundamentale Glaubenserfahrung


Im Zusammenhang meiner Tätigkeit für den Evangeliumsdienst für Israel erhielt ich Kenntnis von unzähligen Lebenszeugnissen solcher Juden aus unserer Zeit, die zum Glauben an Jesus Christus („Jeschua ha maschiach“) gekommen sind. Auffallend dabei: Die Erfahrung, von der sie nahezu ausnahmslos als der zentralen und ausschlaggebenden berichten, ist die, dass ihnen kraft der Liebe und Hingabe Jesu ihre Sünden vergeben wurden.

Für mich ist das eine Bestätigung dafür, dass es nach wie vor hoch aktuell ist, in der christlichen Verkündigung auf „Sünde“ und „Vergebung“ abzuheben, auch wenn noch so oft z.B. behauptet wird, die Frage Luthers „Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ habe unter den existentiellen Fragestellungen des heutigen Menschen keinen Platz mehr.

Ich für meine Person kann nur sagen, dass ich auf die göttliche Vergebung um Jesu Christi willen und immer wieder auch auf den ausdrückliche Zuspruch der Vergebung existentiell angewiesen bin. Darum habe ich mir auch zeitweise in meinem Leben einen „Beichtvater“ gesucht, bei dem ich mich aussprechen konnte und der mir das befreiende, erlösende Wort auf konkrete Verfehlungen hin zusagte.

Als Gottesdienstteilnehmer bin ich immer froh, wenn diese Thematik zur Sprache kommt und Vergebung erfahren werden kann. Wenn man Glück hat, wird in unserer Landeskirche bei Abendmahlsfeiern noch ein Beichtgebet in diesem Sinn gesprochen und anschließend die Absolution erteilt. Im Predigtgottesdienst ohne Abendmahl wäre der geeignete Ort dafür das Eingangsgebet und das Stille Gebet – analog dem „Kyrie eleison“ in der Messe. Dass an dieser Stelle neben Freude, Leid, Erfolg, Scheitern und dergleichen auch Sünde und Schuld benannt und die Bitte um Vergebung ausgesprochen würde, erlebe ich heute eher selten oder nie.

Wenn die christliche Predigt per definitionem Predigt des Evangeliums von Jesus Christus ist, sollte sie in jedem Fall auf die Erteilung der Absolution, auf den Zuspruch der Vergebung hinauslaufen – nicht nur, aber in erster Linie. Denn Luther hat wohl auch heute noch recht: „Wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit“.

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