Er ja! Aber die anderen?


Die Auferstehung Christi und die Auferstehung der Toten – 1 Kor 15,12ff

… wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten?“ (15,12) Für die korinthischen Christen, die Paulus hier im Auge hat, war es offensichtlich keine Frage, dass Christus von den Toten auferstanden ist. Nicht zuletzt aus folgendem Grund konnte ihnen das plausibel erscheinen: Schließlich war Jesus nicht einmal zwei Tage tot; an ihm wurde wahr, was Psalm 16,10 geschrieben steht: „Du wirst mich nicht dem Tode überlassen und nicht zugeben, dass dein Heiliger die Grube (die Verwesung) sehe“ (vgl. Apg 2,27).

Was sie aber meinten bestreiten zu müssen, war eine Auferstehung der sonstigen Toten, all derer also, deren Leiber in den Gräbern verwesen und zu Staub und Asche zerfallen, und von denen buchstäblich nichts mehr übrig bleibt, was auferstehen könnte. (Vgl. die Gottlosenbewegung in Deutschland, die in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Feuerbestattung betrieb und Feuerbestattungsvereine gründete, um ihrer Verachtung des christlichen Auferstehungsglaubens und ihrem Kampf gegen ihn Nachdruck zu verleihen.)

Im Vergleich zu dieser aus ihrer Sicht absoluten Unmöglichkeit der allgemeinen Totenauferstehung siedelten die korinthischen Abweichler die Auferstehung, an der freilich auch alle Christen Anteil haben sollten, vermutlich „in diesem Leben“ (15,19) an und befanden sich damit in der Nähe der Gnosis, die bis heute den Aufstieg des Menschengeistes in höhere Bewusstseins- und Erkenntniswelten hier und jetzt als die Bestimmung des Menschen lehrt und die „Auferstehung des Fleisches“ leugnet. Vgl. 2 Tim 2,18: „… die von der Wahrheit abgeirrt sind und sagen, die Auferstehung sei schon geschehen.“

Paulus dagegen: „Wenn die (sonstigen) Toten nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden“ (15,13.16 – zwei Mal, also sehr betont!). „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen“ (15,19). „Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als der Erstling unter denen, die entschlafen sind“ (15,20). Vgl. 1 Thess 4,14; Kol 1,18. Vgl. dazu Luthers berühmte Bildsprache: Christus, das Haupt des Leibes, das Haupt aller Christen, ist schon durchgebrochen in das Auferstehungsleben; folglich wird auch der Leib mit seinen Gliedern nachkommen. „Wie die Frauen sagen: Ist das Kind erst einmal mit dem Kopf geboren, dann hat’s keine Not mehr.“

Auch in 1 Kor 6,12ff (Thema: Der Leib als Tempel des Heiligen Geistes) spielt die Auferstehung des Leibes eine zentrale Rolle: “Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft” (14). Deshalb ist es – entgegen der Einstellung der korinthischen Enthusiasten dazu – alles andere als gleichgültig, was wir mit unserem Leib tun und lassen.

Anmerkung: In gewissem Sinn kann mit biblischer Begründung durchaus auch gesagt werden, dass Christen bereits auferstanden seien: „Mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten. Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden …“ (Kol 2,12f) – dies gilt aber unbeschadet der Hoffnung auf die leibliche Auferstehung der Toten (Kol 1,18).

(Predigt) „ … Mit der Botschaft von der Auferstehung hatten sie ihre Probleme, mit der Lehre von der allgemeinen Auferstehung. Alles Gute, das wir von Christus haben können – wenn wir es nicht jetzt in diesem Leben erfahren und erleben, erfahren und erleben wir es nie, meinten sie. Das neue Leben, das er uns bringt – hier und jetzt muss es sich zeigen. Die Erlösung von der Macht der Sünde, die Befreiung von Krankheit, von Belastungen, von Leid und Not aller Art – hier und jetzt muss sie sich an uns vollziehen. Ein Teil der korinthischen Gemeinde jedenfalls war so programmiert. Sie feierten die in Christus verheißene Herrlichkeit in vollen Zügen. Sie konnten sogar von Auferstehung reden. Aber ‚Auferstehung jetzt’, so lautete die Parole, Auferstehung aus einer tristen Existenz in eine strahlende. Der andere Teil der Gemeinde, der da nicht mit konnte, kam dadurch unter Druck. Du musst dich super fühlen, du musst auf Wolke sieben schweben, du musst frei sein von der Sündenmacht, du musst gesund werden, im Vollbesitz deiner Kräfte, neuer christusgegebener Kräfte sein – sonst bist du offenbar kein rechter Christ, so mussten sie sich sagen. …

Ja, möchte jemand einwenden, bei euch Christen werden die Menschen halt doch wieder auf ein Jenseits vertröstet. Weit gefehlt, heißt die Antwort. Die Heilsgaben, die Jesus Christus uns zukommen lässt, sind jetzt schon da, und sind jetzt schon groß genug. Vor allem haben wir Frieden mit Gott durch die Vergebung unserer Sünden schon jetzt voll und ganz, im Glauben. Im Heiligen Geist, der in der Bibel Angeld genannt wird, Anzahlung, ist unser neues erlöstes Ich schon zur Welt gekommen und entwickelt sich. An Zeichen des Heils, das an uns geschieht, fehlt es nicht, bis hin zu Heilungserfahrungen in Krankheit, Befreiungserfahrungen unter Belastungen. Aber: Die Vollendung steht noch aus. Das umfassende Heil, das glückselige Leben in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit, die vollkommene Freude, der himmlische Friede – das alles ist gebunden an und wird uns gegeben werden mit der Auferstehung von den Toten. …

Liebe Gemeinde, lassen wir uns die Osterbotschaft neu sagen. Lassen wir uns von ihr beflügeln – nicht zu einer abgehobenen Existenz, nicht zu einem hohlen Enthusiasmus, wohl aber zum tapferen und hoffnungsvollen Weitergehen auf unserem Weg im Glauben. Verschaffen wir uns wieder neu einen festen Standpunkt in diesem großartigen Evangelium und halten wir daran fest in der Form, wie wir’s gelernt haben, sodass wir im Namen Jesu Christi hinausschauen können über alles Schwere, das war oder noch kommen mag, hinausschauen auch über Tod und Grab auf den Tag, an dem Gott uns unserem auferstandenen Herrn an die Seite stellen wird. Amen.“

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