Satanische Einflüsterungen


Der Sündenfall. Die Argumentation der Schlange.

1 Mose 3, 1ff

Gott ist ein Sadist
In Vers 1 spricht die Schlange zur Frau: „Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?“ In einer Predigt hörte ich das einmal den Pfarrer so sagen bzw. verstehen: „… ihr sollt nicht von allen Bäumen im Garten essen?“ So herum wäre das Vorgehen der Schlange vergleichsweise harmlos. In Wirklichkeit aber unterstellt sie mit ihrer Frage Gott ein absolut sadistisches Vorgehen, nämlich: Zuerst setzt er den Menschen in einen paradiesischen Garten voller herrlicher Früchte hinein, danach aber verbietet er dem Menschen jeglichen Genuss dieser Früchte. „Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten“ (aus dem hebräischen Urtext geht klar hervor, dass es so gemeint ist). Die Schlange suggeriert also: Das könnte Gott gleich sehen. So einer ist er. Zu vergleichen ist das verbreitete Vorurteil: Bei Gott „wird einem doch alles (!) verboten – alles, was Freude, Spaß macht und gut tut.“

In ihrer Antwort berichtigt die Frau die Schlange. Nicht alles ist verboten. Selbstverständlich „essen wir von den (allen) Früchten der Bäume im Garten.“ Nur die Früchte eines einzigen Baums sind von Gott unter Verbot gestellt worden.

Dennoch hat die Schlange mit ihrer Fragestellung zweierlei erreicht: 1. Die Aufmerksamkeit der Frau ist auf den verbotenen Baum gerichtet; 2. die Motive Gottes für dieses Verbot sind möglicherweise zweifelhaft. Die Schlange hat Misstrauen gesät (vgl. 1. Gebot).

Gott ist missgünstig und egoman
In Vers 4 spricht die Schlange weiter: „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.“
Jetzt greift die Schlange das tatsächliche Verbot Gottes auf und klärt die Frau darüber auf, welches angeblich die wahren Motive Gottes dabei waren/sind. Keineswegs ist Gott bei diesem Verbot von Fürsorge für den Menschen geleitet, sagt sie. Keineswegs will Gott den Menschen vor Tod und Verderben bewahren. Vielmehr – Vers 5 („Gott weiß …“) – ist es ihm darum zu tun, den Menschen nicht hochkommen zu lassen, ihn vielmehr unten zu halten, unwissend, unmündig, abhängig. Gott weiß, dass der Mensch durch den Genuss der verbotenen Frucht eine höhere Stufe der Erkenntnis bzw. des Seins erreichen und sogar Gott auf Augenhöhe gegenübertreten wird – und das gönnt er dem Menschen nicht; das will er, egoman, wie er ist, unter allen Umständen verhindern.

Von einer direkten Reaktion der Frau auf diese zweite Schlangenrede steht nichts da. Aber sicherlich ist ihr Vertrauen in Gott und in die Motive seines Handelns grundlegend erschüttert. Infolgedessen wächst ihr Interesse an dem verbotenen Baum übermäßig – Vers 6. Die verbotenen Früchte locken immer stärker. Die Lust auf Erkenntnis (Bewusstseinserweiterung) wird übermächtig, und so nimmt sie schließlich von der verbotenen Frucht …

Anmerkungen zu 1 Mose 3

  1. Warum gibt es überhaupt gefährliche und daher verbotene Bäume im Paradiesesgarten? Warum gibt es die Schlange mit ihrer List? Ist damit nicht der Schöpfer selbst schuld an allem Unglück, das sich im Zusammenhang mit diesen Gegebenheiten entwickelt? Diese Fragestellung und diese Schlussfolgerung haben im biblischen Textzusammenhang keinerlei Anhalt. Sie sind aus Sicht der biblischen Wirklichkeitsdeutung offensichtlich unangemessen und unangebracht.
  2. Gerne vergleiche ich die verbotene Paradiesesfrucht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen mit der Gegebenheit von Drogen. Auch der Genuss von Drogen ist erfahrungsgemäß gefährlich, lebensgefährlich und daher zu Recht verboten bzw. man kann nur raten: lass die Finger davon. Dennoch kann der Mensch trotz aller sonstigen Genüsse, die ihm zu Gebote stehen, durch entsprechende „Einflüsterungen“ so weit kommen, dass er ein gesteigertes Interesse gerade an dieser verbotenen Frucht empfindet, zumal ihr Genuss ausdrücklich Erkenntnis im Sinn von „Bewusstseinserweiterung“ verspricht.
  3. Bemerkenswert ist, wie sich der Genuss der verbotenen Frucht unmittelbar auswirkt: „Da wurden ihre Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren …“. Das hat der Mensch nun davon, dass er „wie Gott“ geworden ist: Er wird sich seiner Nacktheit bewusst und sie wird ihm zum Problem a) hinsichtlich der Beziehung untereinander („sie flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze“) und b) hinsichtlich seiner Beziehung zu Gott („Und Adam versteckte sich mit seinem Weibe vor dem Angesicht Gottes“). Geschlechtliche Liebe war bis dahin – so darf an annehmen – ein unschuldiges, (tabu-)freies Spiel, jetzt wird daraus eine tabubefrachtete Angelegenheit; die Beziehung zu Gott vollzog sich bis dahin als kindlich-unbefangener Umgang mit dem Schöpfer-Vater, jetzt wird daraus ein angstbesetztes Verhältnis. „Freikörperkultur“ könnte (ähnlich wie Vegetarismus) die Tendenz in sich tragen, hinter den Sündenfall in ein Stadium der Scham-Freiheit zurückgehen zu wollen. Sie ist insoweit unvereinbar mit der biblischen Botschaft und m.E. eher als Schamlosigkeit zu qualifizieren.
  1. Immer wieder begegnet die Behauptung, der Sündenfall sei gar nicht als Unglück anzusehen. In Wirklichkeit werde damit ein für die Menschwerdung des Menschen notwendiger Vorgang beschrieben. Es sei schließlich die Bestimmung des Menschen, aus seinem quasi embryonalen Dasein (in der Paradieseswelt) herauszutreten und zu seinem eigentlichen Sein zu finden, das durch Bewusstheit, Erkenntnis des Guten und Bösen und entsprechende Entscheidungsfreiheit und Verantwortung für sich selbst gekennzeichnet sei.
    Diese Behauptung kann sich jedenfalls nicht auf den Duktus der biblischen Botschaft berufen. Letztere sieht das Menschsein des Menschen eindeutig darin erfüllt, dass der Mensch in vollkommenem Vertrauen zu seinem Schöpfer sich der gottgegebenen Lebensmöglichkeiten in den von Gott aus gutem Grund gesteckten Grenzen erfreut.
  2. Als Folgen des Sündenfalls kommen Verhängnisse über die Schlange, die Frau und den Mann, jeweils in spezifischer Gestalt. Immer wieder begegnet das Missverständnis, Arbeit gehöre dazu (für den Mann), Arbeit an sich. Das ist laut biblischer Aussage falsch. Die ursprüngliche, schöpfungsgemäße Beauftragung des Menschen beinhaltet ausdrücklich Arbeit: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte“ – Arbeit hier noch als ausschließlich lustvolle Daseinserfüllung. Als Verhängnis nach dem Sündenfall treffen den Menschen Mühsal und Vergeblichkeit, die von jetzt an leider mit der Arbeit verbunden sind („Dornen und Disteln soll er [der Acker] dir tragen“; „im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“). Vgl. Ps 90,10: „… und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe.“

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