Entscheidungs-Situationen


Sorget nicht… – Matth 6,24-34

Ich finde es schwierig, diese Perikope auf die Lebensführung von Christen anzuwenden, solange die Verhältnisse normal sind, d.h. solange keine Entscheidungssituation vorliegt. Denn selbstverständlich sollen und müssen auch Christen normalerweise für ihren Lebensunterhalt, für Nahrung und Kleidung sorgen und sie sollen und müssen auch entsprechend Vorsorge treffen. Keinesfalls ist für Christen angesagt, generell wie die Vögel und die Lilien sorglos in den Tag hinein zu leben. Ohne Entscheidungs- bzw. Notsituation stellt sich auch nicht die in der Perikope aufgeworfene existentiell bedrohliche Frage: „Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?“ (6,31)

Diese Frage stellt sich aber in Entscheidungssituationen, wenn es schlicht unmöglich ist, „zwei Herren“ zu dienen (6,24), wenn Christen vor der Herausforderung stehen, „zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ zu trachten und alles andere, was sie für ihre Existenz nötig haben, buchstäblich der Fürsorge Gottes zu überlassen (6,33). Biblisches Beispiel: Salomo, von Gott aufgefordert, zu erbitten, was er sich für sein Königtum wünscht, hat die Wahl. Er bittet nicht um langes Leben, Reichtum oder den Tod seiner Feinde, sondern um ein gehorsames Herz, um Gottes Volk recht richten zu können. Gott sagt ihm daraufhin zu, dass ihm auch das, worum er nicht gebeten hat, nämlich Reichtum und Ehre sozusagen dreingegeben werden wird und zwar in höchsten Ausmaßen (1 Kön 3,5ff).

Beispiel aus unserer Zeit (wurde mir authentisch berichtet): Ein Christ in der damaligen DDR, von der Betriebsleitung vor die Wahl gestellt, entweder aus der Kirche auszutreten oder seine Arbeitsstelle als Führungskraft zu verlieren, entschied sich, der Kirche treu zu bleiben und damit der Sache Gottes Vorrang einzuräumen. Dafür nahm er existentielle Risiken in Kauf. Auch er konnte sich aber auf die Zusage Jesu verlassen, dass ihm „alles das zufallen“ würde, was für seine Existenz sonst wichtig und nötig war. – Zu denken ist auch an Verluste, die im Zusammenhang mit der Heiligung des Feiertags (3. Gebot) von Christen in Kauf genommen werden (Landwirten, Geschäftsleuten, Sportlern …), ferner an Wagnisse, die Christen, die sich vorrangig für „das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit“ engagieren, bei der Gründung und beim Betrieb sog. Glaubenswerke eingegangen sind und eingehen.

In solchen Fällen ist es für Christen in der Nachfolge Jesu tatsächlich angesagt, in gewissem Sinn wie die Vögel und die Lilien ohne Sorgen in den jeweiligen Tag zu gehen und Gott für Leib und Leben sorgen zu lassen.

(Predigt) „… Immer wieder ist für Christen eine solche Entscheidung fällig. Es ist die Entscheidung zwischen Gott und Mammon. Sie ist unausweichlich, denn niemand kann zwei Herren dienen, wie Jesus in diesem Zusammenhang auch sagt. Überlegen wir doch mal: Was könnte für das Reich Gottes und von Gottes Gerechtigkeit her für uns dran sein? Z.B. ein offenes Bekenntnis unseres Glaubens, ein Bekenntnis zu Jesus Christus in kritischer oder gar feindseliger Umgebung. Oder: eine Tat der Nächstenliebe, die uns einiges kostet. Oder: ein Verzicht auf Rechtsansprüche um des lieben Friedens willen mit damit verbundenen empfindlichen existentiellen Einbußen. Oder: Heiligung des Sonntags um den Preis geschäftlicher Nachteile. Ich denke da an einen Autohändler aus einer früheren Gemeinde, der mir sagte: ‚Leider kann ich den Sonntags-Gottesdienst nicht besuchen. Wissen Sie, am Sonntag Morgen mache ich meine besten Geschäfte’. Dieser Mann hatte sich also vom Mammon in Dienst nehmen lassen. …“

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