Das Sakrament der Hl. Taufe


Bei den vorbereitenden Gesprächen mit Eltern und (nach Möglichkeit auch) Paten war mir immer besonders wichtig, für Klarheit über die Bedeutung des Wassers bei der Taufe zu sorgen. Der Taufakt besteht schließlich zentral aus dem (dreifachen) Wasserguss, ursprünglich aus dem Untertauchen im Wasser. Wenn ich die Eltern fragte, was es eigentlich mit dem Wasser bei der Taufe auf sich haben könnte, bekam ich oft zu hören, es handle sich wohl um geweihtes Wasser (gibt es bei uns Evangelischen aber nicht) oder, Wasser sei ein elementares Lebensmittel (das dann vom Täufling eigentlich doch getrunken werden müsste).

Ich hielt und halte es für unumgänglich, an Johannes den Täufer zu erinnern, auf den der Taufritus schließlich zurückgeht. Johannes taufte im Jordan. Er taufte Menschen, die er nachdrücklich dazu aufgerufen hatte, Buße zu tun. Bei der Taufe bekannten die Täuflinge ihre Sünden (Matth 3,6), wurden im Wasser untergetaucht und stiegen dann wieder herauf: Ein klassischer Reinigungsritus; eine eindeutige Zeichenhandlung für das Ende der alten und den Beginn einer neuen Existenz. „Wasser ist zum Waschen da …“. Titus 3,5: Die Taufe wird als „Bad der Wiedergeburt“ bezeichnet. Vgl. 1 Kor 6,11. Nach diesem Bad darf sich der Mensch tatsächlich wie neugeboren fühlen, und er ist es auch.

Ich habe den Taufeltern und –Paten dann auch die weitergehende Klarstellung zugemutet, dass es bei der Taufe letztlich um ein zeichenhaftes/sakramentales Sterben (Untergehen-im-Taufwasser) und Auferstehen (Aus-der-Taufe-gehoben-werden) mit Christus geht. Römer 6,3ff: „Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln“. In der Hl. Taufe wird letztlich unser tatsächliches Sterben am Ende unseres Lebens und unsere darauf folgende Auferstehung, beides in Verbindung mit Christus, sakramental vorweggenommen. Vgl. Kol 2,12: „Mit ihm seid ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes …“.

Hinweise darauf, dass es bei der Hl. Taufe um ein Neuwerden, um eine Wieder- bzw. Neugeburt in diesem Sinn geht, erlebte und erlebe ich bei evangelischen Tauffeiern, an denen ich als Gottesdienstbesucher teilnahm/-nehme, leider so gut wie nie. Die Botschaft, die bei den heute üblichen Tauffeiern vermittelt wird, ist eine light-Version, die zu einer (Kinder-) Segnung passen würde, aber dem Tauf-Sakrament und seiner hohen Bedeutung nicht gerecht wird. Das eigentlich Große, das den Menschen mit der Hl. Taufe zugute kommen soll, wird ihnen vorenthalten, jedenfalls nicht deutlich gemacht.

Anmerkung: Gerne sprach ich mit Eltern und Paten auch darüber, was eigentlich ein „Sakrament“ ist und erwähnte, dass der Begriff ursprünglich für ein feierliches, absolut bindendes Versprechen (sacramentum = Fahneneid der römischen Soldaten) steht. Ich fragte dann, welches Versprechen wohl bei der Taufe gemeint sei … Wunderbarerweise ist es ja Gott, der in der Taufe ein feierliches Versprechen abgibt, ja, geradezu einen Schwur ablegt; vgl. die Katechismusaussage: „Die Taufe ist ein Sakrament und göttlich Wortzeichen, womit Gott, der Vater, durch Jesus Christus, seinen Sohn, samt dem Heiligen Geist bezeugt, dass er dem Getauften ein gnädiger Gott wolle sein und verzeihe ihm alle Sünden aus lauter Gnade von wegen Jesu Christi und nehme ihn auf an Kindes Statt und zum Erben alles himmlischen Güter“.

Im übrigen ist für die Sakramente die Zeichenhandlung konstitutiv (Katechismus: „Wort-Zeichen“). Das gegebene Wort wir dadurch gewissermaßen handfest untermauert. Der Soldat unterstreicht sein Gelöbnis durch das Anfassen der Fahne (Fahneneid). Gott unterstreicht seine feierliche Zusage in der Hl. Taufe durch das Wasserbad und im Hl. Abendmahl durch die Darreichung des Brotes und des Kelchs. Damit dienen die Sakramente der Vergewisserung (Katechismus: „… und vergewissert uns damit, dass wir haben Vergebung der Sünden und ein ewiges Leben“).

(Predigt) „ … Ihr seid nicht mehr die Alten! Ihr seid doch mit Christus verbunden. Und zwar so, dass ihr in eine regel­rechte Schicksalsgemeinschaft mit ihm hineingenommen worden seid. Schicksalsgemeinschaft, das würde heißen: was ihm wieder­fahren ist, das ist auch uns wiederfahren. Genau so ist es, liebe Gemeinde, und zwar in doppelter Weise. Zunächst seid ihr mit ihm, in Schicksalsgemeinschaft mit ihm, begraben worden. Be­graben, wieso, wann? Ja, wirklich, wir alle wurden eines schönen Tages in aller Form begraben. Es war unser Tauftag. Unser Grab war das mit Taufwasser gefüllte Taufbecken, in das wir hineinge­senkt wurden, bis wir ganz untergetaucht, ganz darin unterge­gangen waren. Sie wollen vielleicht sagen: bei mir war das nicht so. Ich gebe zu, bei mir auch nicht. Auch bei mir sprengte der Pfarrer nur ein paar Tropfen Wasser auf den Kopf. Und die mo­dernen Taufsteine, auch unserer hier in der Oswaldkirche, sind nicht einmal mehr ausgehöhlt. Da wird also fast nichts mehr sicht­bar vom ursprünglichen Vorgang der Taufe. Aber dem Sinn nach, dem Sinn des Taufsakraments nach wurden wir untergetaucht, und darauf kommt es an! Äußerlichkeiten spielen keine entscheidende Rolle. Wir wurden also tatsächlich bei unserer Taufe im Taufwasser begraben, mit Christus begraben. Es war aus mit uns. Es war aus mit unserem alten Wesen, aus mit all dem, was nicht taugt für Gottes Reich und für das wahre Leben. Gott sei Dank war und ist es seither damit aus und vorbei!

Ja, und dann, so geht es nun weiter, seid ihr in derselben Schick­salsgemeinschaft mit Christus auch auferstanden! Auferstanden – wir, wieso, wann? Ja, wirklich, liebe Gemeinde. Wir sind auch in die Auferstehung Jesu Christi mit hineingenommen, in sein Auf­erstehungsleben. Die einschlägige Lebensäußerung, an der sich das zeigt, ist der Glaube. Der uns geschenkte Glaube, dieses freie, unbedingte Vertrauen zu Gott, ist eine große, neue Kraft. Erst vorgestern klagte mir jemand sein Leid über viel Schweres, das zur Zeit im persönlichen Umfeld zu ertragen sei und sagte: Wenn ich meinen Glauben nicht hätte, könnte ich’s nicht aushal­ten, könnte ich nicht im Guten bleiben. Wir sind nicht mehr die Alten, wir sind neugeborene Menschen. Wir sind auferstanden zu einem Leben im Glauben. So ist die gleiche Kraft Gottes, die Je­sus von den Toten auferweckt hat, auch an uns schon jetzt zur Wirkung gekommen. …“

‚Ich fühle mich wie neugeboren’ – das war also der erste Ausruf, mit dem wir uns heute befassen, weil er zu uns als Christen so gut passt, besonders in österlicher Zeit! …“

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