Faszination des Gesetzes


„Zur Freiheit hat uns Christus befreit. So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen …“ – Gal 5,1ff

(Predigt, Reformationsfest) „… Es ist doch auch schön, sich unter ein Gesetz zu begeben (wie z.B. im Judentum): Am Sabbat kein Licht anzünden, beim Essen Schweinefleisch meiden, Milchiges und Fleischiges säuberlich voneinander trennen, täglich bestimmte Gebete verrichten, Festtagsvorschriften einhalten – da weiß man, was man hat, was man geleistet hat. Ja, damit kann man dann doch auch vor Gott hintreten und sagen: da, schau! Und so geht es uns bis heute. Die Ablasszahlungen, zu denen zu Luthers Zeiten die Christen angehalten wurden, gehören dazu. Auch schon, wenn man 10 Vaterunser oder Ave Maria gebetet hat, weiß man doch, was man geleistet hat … Mancher schielt heute auch zu den Moslems, zu den Frommen unter ihnen und denkt, würde ich meine Religiosität doch auch so konsequent leben. Und wer weiß, wie viele unter uns sich selbst ein Gesetz machen …, dazu kann auch die stets blitzblank geputzte Wohnung gehören, der zur Pflicht erhobene Dauerauftrag fürs Rote Kreuz, das pünktlichst betriebene Fitnessprogramm, vielleicht sogar auch die täglich eingehaltene ‚Stille Zeit’ … Für Paulus ist aber mit all dem Alarmstufe 1 gegeben. … …

Wer sich auf den Weg des Gesetzes begibt, lebt gefährlich. Da ist die Katastrophe schon programmiert. Ja, wenn es mit den von Menschen erdachten Gesetzlichkeiten getan wäre. Lieber Mensch, wer A sagt, muss auch B sagen. Du musst dich dann wohl oder übel auf das Gesetz Gottes, wie es ursprünglich lautet und dasteht, einlassen. Und da ist es mit ein paar frommen Verrichtungen nicht getan. Da ist gefordert, dass du durch und durch heilig, rein und gut wirst in Gottes- und Nächstenliebe. Als Mönch unternahm Martin Luther damals im Kloster den titanischen Versuch, dem Gesetz Gottes in dieser Weise zu genügen. Er sank damit zur Hölle, wie wir vorhin gesungen haben (341,3). …

Nichts haben wir auf diesem Weg am Ende in der Hand. Und den, in dem wir alles haben können, den haben wir dann durch unsere verhängnisvolle Entscheidung verloren: Christus. Aus der Gnade, die uns jetzt schon in den Himmel hebt, sind wir gefallen, tief hinunter in ein gnadenloses Dasein in der Knechtschaft …“.

(Predigt) „… Ich denke an eine frühere Mitarbeiterin. Sie war an eine Gruppe geraten mit einem Mann als Leiter, der eine fast magische Ausstrahlung hatte. Sie verstanden sich als christliche Gruppe, und der Mann war der Oberchrist. Das sage ich bewusst so. Denn er machte den Gruppenmitgliedern Auflagen, wie eigentliches Christsein auszusehen habe. Man musste in der Gruppe meditieren, man musste bestimmte scheinbar geistliche Übungen machen, man musste in sich bestimmte religiöse Gefühle entwickeln, man musste religiöse Erlebnisse vorweisen können. Ein massiver Gruppenzwang wurde ausgeübt.

Die arme Mitarbeiterin war immer wieder ganz erledigt, kaputt, verzweifelt über ihr Ungenügen, buchstäblich geknechtet. Zugleich kam sie aber auch nicht los: War’s nicht vielleicht doch richtig und nötig, dazuzugehören? Die Faszination des Gesetzes! Die Faszination des Alten Bundes!

Liebe Gemeinde! Wir gehören zum Neuen Bund! Christus hat uns zur Freiheit befreit! Es gibt keinerlei Auflagen mehr. Wir müssen uns nichts verdienen. Das Gesetz darf uns nicht länger knechten. In und durch Jesus Christus ist es ein für allemal recht geworden mit uns. Seine Heilstat hat alles gut gemacht. Freiheit, die ich meine, – ich als Christ! Gott sei Dank! …“

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