„So spricht der Herr Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggeführten …: Baut Häuser und wohnt darin …“ – Jer 29,4ff
(Predigt) „Liebe Gemeinde, bis heute ist es für Theologiestudierende unserer Landeskirche üblich, dass sie nicht nur in Tübingen studieren, sondern auch einige Auswärtssemester an anderen Universitäten absolvieren. Das taten wir damals auch. Einem unserer Mitstudenten, der zudem selber Tübinger war, fiel es sehr schwer, das heimatliche und heimelige Tübingen zu verlassen. Schließlich ließ er sich doch dazu bewegen, mit uns nach Erlangen zu ziehen. Aber als wir dann dort waren, fand er es dermaßen grässlich und trostlos, dass er sich tagelang weigerte, seine Koffer auszupacken und sich in seinem Zimmer einzurichten.
Wenn es schon schwer ist, halbwegs freiwillig von Tübingen nach Erlangen zu ziehen, wie schwer mag es damals der Gemeinde Israel geworden sein, den ihr zwangsweise auferlegten Ortswechsel von Jerusalem nach Babel zu verkraften und zu vollziehen! Herausgerissen aus dem gottgegebenen Land, weggerissen von Jerusalem, der Gottesstadt, deportiert, verschleppt von Feindesmacht in unreines heidnisches Land, nach Babel und dort nun zum Bleiben angewiesen unter dem Diktat Nebukadnezars – ja, da blieb den Menschen zwar nichts anderes übrig, als insoweit den Anordnungen der Babylonier Folge zu leisten. Aber sie weigerten sich, ihre Koffer bzw. ihre Bündel auszupacken und sich einzurichten. Es durfte ja doch nicht wahr sein, dass dieser Zustand von Dauer sein würde! Nein, Gott würde ihn ganz sicher in Kürze beenden und es den Babyloniern schon zeigen. Und tatsächlich gab es unter den Verschleppten auch einige, die als Propheten auftraten. Sie wussten von Visionen zu berichten, in denen Gott angeblich die baldige Rückkehr Israels angezeigt habe. Begierig machte sich die Gemeinde Israel solche Träume zu eigen.
Mitten in diese Verweigerungshaltung hinein traf sie per Briefpost die Botschaft Jeremias aus Jerusalem. …“