Entrückung mit welcher Perspektive?


Entrückung – 1 Thess 4,16f

„Denn er selbst, der Herr, wird … herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit“.

In der Zukunftserwartung so mancher frommer Kreise spielt die Entrückung, die hier von Paulus angekündigt wird, eine bedeutende Rolle. Allerdings wird sie dann meistens mit einer falschen Perspektive verknüpft. Man meint, man werde als gläubiger Christ bei der Wiederkunft Jesu aus dieser (dem Untergang geweihten) Welt herausgeholt, per Entrückung mit dem Herrn vereint, um dann zusammen mit ihm in die himmlische Herrlichkeit zu entschweben.

Die Entrückung, von der Paulus spricht, bewirkt tatsächlich, dass die Gläubigen „dem Herrn entgegen“ gebracht und damit dem irdischen Getümmel entrückt werden, aber nicht um mit ihm zu entschweben, sondern um ihm das Ehrengeleit zu geben, wenn er nun zum zweiten Mal in diese Welt kommt, dieses Mal als Richter über Lebende und Tote. Zu vergleichen ist der Brauch der Einholung des Bräutigams wie er auch in der Perikope von den klugen und törichten Jungfrauen vorausgesetzt ist (Matth 25,1ff); auch in dieser Perikope geht es um die Wiederkunft Christi.

Der wiederkommende Herr kommt nicht, um seine Gläubigen abzuholen, sie mit in die Höhe, in den Himmel zu nehmen und die Welt im übrigen ihrem Schicksal zu überlassen. Er kommt, um diese Welt als Weltenrichter zu richten, um sie zurecht zu bringen und aus ihr eine neue, heile Welt zu schaffen, und er hat bei seinem Kommen die Seinen an seiner Seite, die sich ihrerseits nun freilich auch freuen dürfen, für immer bei ihm zu sein.

Nicht Abwendung von, sondern Zuwendung zu dieser Welt ist und bleibt die Maxime Gottes für sein Handeln, erst recht in und mit Jesus Christus.

Darum ist es auch durchaus fragwürdig, wenn Menschen „in den Himmel“ kommen wollen. So zu reden ist nur zutreffend, wenn unter „Himmel“ das Himmelreich, die „Königsherrschaft der Himmel“ (‚basileia toon ouranoon’, Matth 13,11.24.31 usw.) verstanden wird, die sich in einem neuen Himmel und einer neuen Erde (!) verwirklichen und vollenden wird. Man kann geradezu sagen: Himmel auf Erden – das wird der Menschheit um Christi willen in Aussicht gestellt.

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